EmpowermentEventSurfen als Therapie

Empowerment auf der Matte und in den Wellen: Ein Gespräch mit Anna Götz, Organisatorin von Trancalmate

Surfen nach Brustkrebs ist mehr als nur zurück aufs Brett zu steigen – es bedeutet, sich den eigenen Körper, die eigene Freiheit und die eigene Lebensfreude zurückzuholen. Es ist ein radikaler Akt der Selbstermächtigung. Weltweit entdecken immer mehr Frauen das Meer als Ort der Heilung und Kraft – Bewegung, Gemeinschaft und Natur werden zu Werkzeugen für Regeneration und Widerstand.

Trancalmate ist eines der wenigen Surf- & Yoga-Camps, das speziell für Frauen* mit oder nach Brustkrebs konzipiert wurde. Es geht nicht darum, wieder „die Alte“ zu werden – sondern darum, mutig und ehrlich den eigenen Weg weiterzugehen. Mit Humor. Und mit Herz.
Im Zentrum dieses empowernden Raums steht Anna GötzYogalehrerin und visionäre Organisatorin, die genau weiß, wie es sich anfühlt, von vorn anzufangen – und wie stark es macht, das gemeinsam zu tun.

Wir haben mit Anna über die tiefere Bedeutung von Trancalmate gesprochen – darüber, wie Yoga und Surfen Frauen mit Brustkrebs unterstützen können, wie gelebtes Empowerment konkret aussieht und warum dieses Camp so viel mehr ist als nur Sport.


Du bist bei den Trancalmate-Camps als Yoga-Lehrerin mit dabei – in welchen Momenten siehst/erlebst du dabei Female Empowerment?
In vielen, aber eigentlich fängt es bei der Anmeldung an. Wir führen im Vorfeld mit jeder Teilnehmerin recht aufwendige Vorgespräche. Die Frauen müssen abchecken, was noch medizinisch geklärt werden muss, wie das mit den Medikamenten, den Narben, dem Port läuft, vielleicht gibt es Familie, kleine Kinder, Haustiere, Partner*in, einen Job – wie klappt das, wie finden die das? Urlaub nach so einer langen Erkrankung. Und dann noch weit weg.

Wenn die Teilnehmerinnen zuhause alle Fragen geklärt haben und mir dann am Telefon sagen: Hey, ich machs, ich bin dabei! Dann kann ich in ihrer Stimme hören, dass ihre Augen funkeln, sie gerade ein bisschen größer und aufrechter geworden sind, und es in ihnen hüpft und tanzt. Mit oder nach Brustkrebs liegt ein echtes Female Empowerment in dem Moment, in dem sich Frauen ihr Leben zurückholen!

Was hat dich dazu bewegt, als Yogalehrerin das Trancalmate Camp zu gründen?
Surfen oder Yoga werden oft mit einem fancy Lifestyle vermarktet und gleichzeitig bieten sie in Kursen so wenig Raum jenseits der Norm.

Ich bin selbst vor 10 Jahren an Brustkrebs erkrankt. Nach der Behandlung hatte ich den Eindruck, dass ich mit meinen 1 ½ Brüsten nirgends mehr so richtig reinpasse: beim Schwimmen hatte ich Komplexe, beim Joggen Schmerzen, in meinem Yoga-Kurs konnte ich nicht auf dem Bauch liegen, und dann die ärztliche Empfehlung zum Senioren-Reha-Sport … da war ich zwei Mal, und nie wieder.

Zwischen Trotz und Neugier habe ich dann eine mehrjährige Ausbildung für therapeutisches Yoga gemacht. Mit Wissen über Anatomie, Wirkung und Traditionen habe ich gelernt, Übungen an Bedürfnisse und Möglichkeiten anzupassen. Durch eine Anfrage des Tumorzentrums in Bonn kam ich mit „Yoga für krummes Gemüse“ zum Unterrichten. Ich liebe es einfach noch immer so sehr, Bewegungsabläufe für Menschen individuell zu entwickeln und beobachten zu dürfen, wie sie dadurch mit ihren chronischen Erkrankungen, Amputationen oder in der Nachsorge besser zurechtkommen. In konventionellen Yogastudios ist dafür meistens kein Platz, keine Zeit und keine Expertise.

Angie von NOMB Surf hat da eine ähnliche Herangehensweise wie ich. Beim Surfen und im Yoga gibt es Bewegungsabläufe, die nach Brust-OPs unangenehm, sogar schmerzhaft sind. Es ist einfach ein Mega-Gefühl, mit ihr zusammen darauf einzugehen und die Frauen darin zu begleiten, in eigenen Bewegungsabläufen über sich hinauszuwachsen!

NOMB Changes fokussiert sich im Jahr 2025 auf Female Empowerment. Mal allgemein gefragt: Wie fördert Yoga das Empowerment von Frauen?
Durch ein positives Körpergefühl, Selbstakzeptanz, innere Balance und Resilienz, körperliche und mentale Stärke, und der Austausch untereinander, der uns verbunden fühlen lässt. Yoga besteht ja nicht nur aus Asanas (Körperübungen), sondern vor allem auch aus Atemtechniken, Meditation und der Beschäftigung damit, wie wir mit uns selbst und anderen umgehen möchten.

Im Sanskrit bedeutet Yoga „Anknüpfen“ oder „Verbundenheit“. Mit Blick auf soziale Ungerechtigkeit ist Verbundenheit wahrscheinlich die Superpower im Empowerment!

Gibt es spezielle Yoga-Techniken, die Frauen helfen, ihr Selbstbewusstsein zu stärken?
Haha, bestimmt würden Insta, Youtube und KIs die sogenannten “starken Asanas” vorschlagen wie die Krieger-Positionen oder den Kopfstand. Das ist mir zu viel Optimierungs-Lifestyle.


Long story short: Ausatmen. Und dann aufrichtig beobachten, was passiert. Keine Sorge, das Einatmen ist ein Überlebensreflex, das passiert von ganz alleine. Alles gehen zu lassen und sich selbst dabei aushalten zu müssen/können/dürfen, das stärkt unser Selbstbewusstsein. Gib einen Scheiß drauf, wie du oder die anderen beim Yoga aussehen.

    Wie setzt ihr beim Trancalmate Camp Female Empowerment in der Praxis um?
    Indem wir für Breasties einen Safe Space schaffen. Diese Frauen haben meistens richtig was hinter sich. Sie bringen ja nicht nur einen verwundeten, verunsicherten Körper mit, sondern auch Ängste und eine starke Erschöpfung. Wir coachen die Frauen so, dass sie vieles ausprobieren können ohne etwas zu müssen. Mal leise rantasten, mal johlend ins kalte Wasser springen, in die Entspannung auf der Matte dahinschmelzen oder sich abends in einen wohligen Muskelkater fallen lassen.

    Anstrengung, Schmerzen, Müdigkeit – irgendwie wird alles neu codiert! Wir haben das nie so als Konzept formuliert, aber es passiert von ganz alleine: Die Frauen spüren, dass sie gerade Kontrolle über ihr Leben zurückgewinnen, entwickeln neue Pläne, sind frech, mutig und fordernd. Und das nehmen sie mit nachhause.

    Und ich finde, das Camp stärkt auch Female Empowerment in unserem Team. Wir sind drei sehr unterschiedliche, sehr starke Frauen und machen da unser Ding. Wir müssen immer mal wieder was ändern und überdenken, aber wir lassen uns da nicht reinquatschen. Weil’s was bringt und bockt. Weil es sich richtig anfühlt. Weil die Erfahrung mit den Teilnehmerinnen unser Herz wärmt und uns stolz macht, einen positiven Impact geben zu können!

    Was lässt sich daraus für den Alltag mitnehmen/ableiten?
    Also, wenn eine der Frauen der Lärm im Brust-MRT an ihre erste Waschmaschine im Weißwasser erinnert und dabei Pläne für den nächsten Urlaub oder einen neuen Sport schmiedet, dann hat sie dem Krebs mal nen ziemlich selbstermächtigten, lebendigen Stinkefinger gezeigt!

    Eine herzliche Umarmung und ein riesiges Dankeschön an Anna für dieses ehrliche und inspirierende Interview – und für die großartige Arbeit, die sie leistet, um Frauen* durch Bewegung, Gemeinschaft und Mut zu empowern.


    Empowerment gemeinsam möglich machen
    Beim kommenden 4. Trancalmate-Camp ist erneut unsere Mitgründerin und Surfcoachin Angie mit dabei – ihre inklusive Herangehensweise ermöglicht es jeder Frau auf ihre ganz eigene Art (zurück) in die Wellen zu finden.
    Auch Ray, aktives NOMB Changes Mitglied und Head of Communication & PR, wird das Team vor Ort verstärken – mit ihrer Leopardinnen-Energie und kreativen Leidenschaft sorgt sie in der Küche für nährende, soulfood-verdächtige Mahlzeiten.

    Projekte wie Trancalmate schaffen Räume, die Leben verändern – für Frauen mit und nach Brustkrebs. Räume der Heilung, der Stärke und der Solidarität. Mit deiner Unterstützung können wir genau solche Räume weiterhin ermöglichen. Jeder Beitrag macht einen Unterschied – jede Welle zählt.

    👉 Jetzt spenden und empowernde, inklusive Surf- & Yoga-Erfahrungen mitgestalten.
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    AboutAngie Ringleb
    Angie ist eine der 4 Mitbegründerinnen von NOMB Changes. Sie ist eine leidenschaftliche Surflehrerin und Surferin, die auf Fuerteventura lebt. Sie besitzt und leitet NOMB Surf, eine Surfschule und Surftrip-Unternehmen.